Ein Rückblick auf den E-Commerce Tag in Regensburg 2024
Inhaltsverzeichnis
E-Commerce in Regensburg – da geht mehr als man denkt
Am 09.01.2024 war es für uns das erste Mal. Das ist auch deshalb überraschend, da wir ja in derselben Stadt ansässig sind und quasi mit den Öffis zum Event im Jahnstadion kommen können.
Das Team von ibi-research veranstaltet, zusammen mit Partnern und Sponsoren, schon seit Jahren den E-Commerce Tag. Dieses mal waren wir nun endlich auch mit an Bord und durften netterweise auch gleich das wichtigste der Messe sponsern – den Kaffee 🤗
Der war aber tatsächlich nicht unbedingt notwendig, denn das Vortragsprogramm war sehr interessant und abwechslungsreich, Müdigkeit kam hier eher selten auf.
Dr. Georg Wittmann eröffnete die Vortragsreihe mit einem Ausblick auf die Familie Mustermann im Jahr 2030 im Vergleich zu 2024 – was tut sich in ca. 5 Jahren?
Dabei ging es um eine Betrachtung der durchschnittlichen Verbraucher in Deutschland, deren Konsumverhalten und die beeinflussenden Trends der nächsten Jahre.
Die Mustermanns haben bestimmte Prioritäten beim Einkauf, die sich auch innerhalb von 5 Jahren signifikant verändern. So wurde nicht nur aufgezeigt, dass Kriterien, wie günstige Preise, Lieferung und Zeitersparnis für Onlinekäufe einzahlen, sondern auch, dass sich Prios verschieben. Z.b. waren Themen wie Nachhaltigkeit, Social Media und KI vor 5 Jahren komplett anders gewichtet, als sie das heute sind und ggf. in 5 Jahren sein werden.
Einige wichtige Erkenntnisse:
- Der Anteil „leidenschaftlicher Online Shopper ist seit 2021 von 11% auf 47% in 2024 gestiegen (Traditionelle Ladenkäufer von 52% auf 15% gefallen)
- Durch die gestiegene Social Media Nutzung (Instagram, Facebook, TikTok und Snapchat sind vorne) beginnt der Onlinekauf immer häufiger dort, anstatt mit einer Suche (Discovery Commerce)
- KI gestützte Assistenten nehmen zu (Zalando, Amazon, Wenwen) und werden mehr Einfluss auf die Kaufentscheidungen nehmen, da sie an Vertrauen gewinnen
- Ein großer Trend wir Re-Commerce (stärkstes Wachstum innerhalb des E-Commerce schon jetzt) sein. Second Hand, Kreislaufsysteme & Co sind immer beliebter
- Zweiverdienerhaushalte steigen deutlich an, somit auch das Vermögen in BRD. Zeit zum Einkaufen nimmt aber ab, eine Chance für den E-Commerce
Der Patient E-Commerce – was denkt der BEVH?
Christoph Wenk-Fischer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) und seine Kollegin Daniele Bleimaier nahmen sich dann den Patienten E-Commerce vor. Im Stile eines Arztbesuchs wurde versucht herauszuarbeiten, wie es um den Onlinehandel derzeit steht, was die Gründe dafür sind und wo e hingehen kann.
Spannend war:
- Ein Shift von Produkten zu Dienstleistungen im digitalen Handel hält seit 2019 an (Dienstleistungen wachsen, Warenverkauf sinkt)
- Jeder 10. Euro wurde 2023 online ausgegeben (ähnlich wie 2019)
- Sonderkonjunktur Corona kann nicht wiederholt werden
- Güter des täglichen Bedarfs laufen online am robustesten
- Bestellfrequenz (Bestellungen pro Woche) steigen seit Q1 2023 wieder an)
- Durchschnittliche Bestellwert ist sogar bereits höher als in den Corona Jahren (2023: 147,88 EUR), ist aber auch der Inflation geschuldet
- Ursachen für Kaufzurückhaltung in den letzten Monaten liegen auch in Stimmungslage, Sparsamkeit und Wettbewerb aus Asien (Temu, Shein)
- Verbessern muss sich: Stärkung der EU Regelungen gegenüber Dritten, Durchsetzung von Recht ggü. großen Plattformen, Abbau der Überregulierung
Aber auch die Stärken des Onlinehandels wurden genannt, welche sich mittelfristig positiv auf dessen Entwicklung auswirken wird:
- Onlinehandel ist nachhaltig (es gibt mehr nachhaltige Angebote)
- Onlinehandel ist transparent (Preise, Nachhaltigkeit, Lieferketten,…)
- Re-Commerce ist besonders online gut möglich (Rekordumsätze 2023 bei momox, rebux, vinted)
- Onlinehandel ist innovativ, kann sowohl regional, als auch international und baut Hürden ab
Die Prognose des bevh bleibt weiterhin bei 2% Wachstum für 2024 gesamt, sie wird vss. auch gehalten.
Weitere wichtige Erkenntnis: B2B wächst stärker als B2C:
Social Commerce, B2B und Internationalisierung
Nach den spannenden Vorträgen von ibi und bevh teilte sich das Plenum dann in 3 Masterclasses auf.
B2B Commerce
Der Verkauf an Gewerbekunden boomt wie noch nie. Gelernte Erfahrungen aus dem B2C werden immer mehr im B2B eingesetzt und helfen dort nicht nur neue Kunden zu finden, sondern insbesondere die Prozesse effizienter zu machen.
Hier durften wir von Markus Lutz erfahren, was den B2B Handel bei der Lutz Gruppe ausmacht und vor welchen Herausforderungen das Unternehmen hier steht.
Erkenntnisse:
- B2B ist als Mittelständler komplex, da sowohl Lieferanten, als auch Kunden befriedigt werden müssen
- Prozesse müssen deshalb flexibel und anpassbar an die Wünsche der Partner sein
- Bedürfnisse am Ende (Kaufvorgang durch Mensch) sind nicht sehr anders als beim B2C Onlineshop
- Prozesse bei der Abwicklung jedoch schon (Lieferscheine, Schnittstellen, Abläfe,..)
- Eine Lösung: Customized B2B Onlineshops pro Kunde (mit speziellen Features pro Kunde, wie Budgets, Preisanzeige, Rechnungen online,…)
- Auch per Fax wird im B2B noch bestellt 🙂
Social Commerce
im Social Commerce waren die Themen fokussiert auf Verkauf über Social Media, Nutzung von Instagram Reels und WhatsApp Business.
Auch hier wurde deutlich (präsentiert durch Karim-Patrick Bannour, Autor von „Follow me!“), dass der Discovery Commerce, geprägt durch emotionales Verkaufen und Spontankäufe weiter zunehmen wird. Dies bildet sich am besten in den sozialen Medien ab.
Hier werden häufig Produkte gekauft, die man sonst gar nicht kaufen würden, hätte man sie nicht in Social Media gesehen, ganz anders als z.B. über eine gezielte Produktsuche bei Google oder Amazon.
Vorreiter sind wie häufig der asiatische Raum, aber auch Afrika und Südamerika. Dort sind die Prozesse häufig schon so ausgereift, dass Onlinehandel zum einen nur noch übers Smartphone läuft, zu anderen aber auch tief im Smartphone (Apps) integriert ist (siehe TikTok und Instagram Shops).
Spannende Kennzahl am Rande: Per Live-Commerce (Teleshopping in Social Media) wurden 2023 allein in China 450 Mrd Dollar Umsatz generiert.
Im Jahre 2026 schätzt man diesen Umsatz weltweit auf ca. 3.000 Mrd. Dollar.
Klarer Treiber ist beim Social Commerce nicht mehr Meta, sondern TikTok, die den TikTok Shop bereits in einigen Ländern released haben (USA, Kanada, Großbrittanien). Deutschland & EU folgen wohl in Q1 2025.
Einige Erkenntnisse:
- Social Commerce ohne Ads (bezahlte Werbung) funktioniert nicht mehr
- Reichweiten sind immer noch sehr günstig zu haben
- Der Meta Algorithmus ist so stark, Zielgruppen Definitionen sind nicht mehr notwendig (max, Land)
- Mit Funnels arbeiten, da ansonsten keine ansprechenden Conversion Rates erzielt werden können
- Per Pixel & Tracking Segmente bilden, mit denen man weiterarbeiten kann
- Influencer sind zwar verpönt, verkaufen aber massiv
- Idee: mit Influencern & Kunden gemeinsam Produkte oder Packages entwickeln
Fokus: Instagram Reels
Anna Benz-Reichenauer hat in ihrem Slot den Fokus auf Instagram und dort auf Reels gelegt. Deals mit Reels nahm sich dem Thema an, wie man Reels zum konkreten Verkauf von Produkte nutzen kann, und welche Fehler man dabei machen kann.
Stichpunkte aus dem Vortrag:
- Reels sind keine Stories“
- Reels erreichen viel mehr Personen, auch Nicht-Follower
- Videos immer vertikal drehen
- Funnel aufbauen von hinten nach vorne (Reel am Schluss)
Bei der Erstellung dieser Strategie kann man einiges falsch machen, was Anna sehr anschaulich nähergebracht hat. Wer mehr erfahren möchte, sollte in ihrem Buch stöbern – es lohnt sich:
👉 Zum Buch: https://benz-reichenauer.de/deals-mit-reels-buch
WhatsApp Business
Auch zu WhatsApp Business war dann noch einiges zu erfahren. Erik Reintjes vom Miss Pompadour sollte hier eigentlich aus erster Hand berichten, wie sie WhatsApp erfolgreich einsetzen, war aber leider verhindert. Katharina Kremming hat aber auch ohne Erik anschaulich erklärt, wie man WhatsApp Business im Onlinehandel einsetzen kann.
Durch einige Beispiele hinterlegt wurden wir mit Newsletter, Direktverkäufe per WhatsApp bis hin zum Kundenservice inspiriert.
Miss Pompadour macht so anscheinend 30% ihres Umsatzes per WhatsApp Business.
Fazit
Der E-Commerce Tag in Regensburg war eine rundum gelungene Fachveranstaltung für Onlinehändler. Im Gegensatz zu anderen Events, die mehr auf Spektakel setzen, kommt der E-Commerce tag erfreulich unspektakulär und sachlich daher – der Fokus liegt ganz klar beim inhaltlichen Mehrwert für die Onlinehändler.
Spannende Insights vom ibi Research und dem bevh, gepaart mit konkreten Lösungen und Tipps von Praktikern sind am Ende übrig geblieben. Es waren auch Aussteller da, und einige Vorträge waren auch von deren Vertreter gehalten, dennoch war wenig Eigenwerbung wahrzunehmen und die Präsentationen waren neutral und sachorientiert.
Auch wir als Software Entwickler haben hier tollen Input und insbesondere Kontakte erhalten, die uns inspiriert und unser Ideen beeinflusst haben.
2025 sind wir sicher wieder dabei 😎